01.06.2018

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Europäische Steinmetze wetteifern in Saverne

Das Europäische Stein-Festival soll junge und erfahrene Steinmetzen zusammen bringen

Beim Europäischen Stein-Festival 

in Frankreich hauen 150 Steinmetze gemeinsam und präsentieren ihr Handwerk der Öffentlichkeit – STEIN zeigt Impressionen.



Das Europäische Stein-Festival soll junge und erfahrene Steinmetzen zusammen bringen, Austausch ermöglichen und das Handwerk in den Fokus der Öffentlichkeit bringen. Foto: Anne Fischer
Alex Wenham aus Großbritannien ist ein Steinfestival-Urgestein, rund zehnmal hat er schon teilgenommen – und viermal gewonnen. Für seinen Kraken, der ein Boot verschlingt, hat er 2018 den Grand Prix der Stadt Saverne bekommen. Foto: Anne Fischer
Die französische Steinbildhauerin Margot Voisset, zum ersten Mal Teilnehmerin beim Steinfestival, hat sich mit E.T. die sympathische extraterrestrische Figur ausgesucht. Foto: Anne Fischer
Bence Guth aus Ungarn, der das erste Stein-Festival 1999 gewonnen hat, nimmt in Saverne zum achten Mal teil – mit einem kleinen Troll. Foto: Anne Fischer
Elisabeth Brandau, Steinmetzmeisterin und Martha Stützler, Steinbildhauergesellin, beide aus Österreich, sind zum wiederholten Mal beim Steinfestival dabei. Foto: Anne Fischer
2018 haben sie gemeinsam ein Fabelwesen – vorn Nashorn, hinten Schnecke – gehauen. Foto: Anne Fischer
Die Steinbildhauerauszubildende Natascha Otterbach aus Deutschland hat das Relief eines Phönix aus dem Vogesen-Sandstein herausgearbeitet. Sie ist zum zweiten Mal dabei. Foto: Anne Fischer
Jakob Kohler, Steinbildhauerlehrling im ersten Ausbildungsjahr aus Hannover, hat bei seinem Stück mit dem Schildkrötenpanzer begonnen – der letztendlich Teil eines mystischen Schädels wurde. Foto: Anne Fischer
Der Engländer Mark McDonnell, Gewinner des Steinfestivals, hat sich für sein Fabelwesen vom Saverner Einhorn inspirieren lassen. Auch 2017 hat er den ersten Platz belegt. Foto: Anne Fischer
Die Schweizer Steinbildhauerin Natalie Agreda, die mit ihrem Partner ein eigenes Atelier in Basel betreibt, ist zum zweiten Mal beim Steinfestival dabei. Sie arbeitet an einer Eule, inspiriert aus dem Film "Die Legende der Wächter". Foto: Anne Fischer
So sehen Sieger aus: die Preisverleihung, kurz vor der Versteigerung der Stücke. Foto: Anne Fischer
Norbert Stoffel, Präsident des EASMS und 2018 Organisator des Festivals, hat zusätzlich ein Rahmenprogramm auf die Beine gestellt – unter anderem den Vortrag eines Architekten, eine Ausstellung und einen Infostand der französischen Compagnonnage. Foto: Anne Fischer

Voneinander lernen – mit speziellem Wörterbuch

Schon von weitem ist es zu hören, das Klingen hunderter Eisen. Rund 150 Steinmetze und -bildhauer bearbeiten damit im Garten von Schloss Rohan in Saverne roten Vogesen-Sandstein. Die Teilnehmer des Europäischen Stein-Festivals, veranstaltet von der europäischen Vereinigung für Steinmetze und Steinbildhauer, kommen aus Deutschland und Österreich, der Schweiz und Großbritannien, Frankreich und Kanada, Belgien und acht weiteren Ländern. Sie wollen gemeinsam hauen und voneinander lernen, in kreativen Wettstreit treten und sich austauschen. Zum Beispiel über ihre Werkzeuge und ihre Modelle, zwei der offensichtlichsten Variationen an diesem letzten Mai-Wochenende.

Nicht alle Teilnehmer haben Erfahrung mit Sandstein. Lehrling Jakob Kohler aus Deutschland zum Beispiel, bisher eher mit Kalkstein vertraut, ist ziemlich erstaunt, wie schnell das Material seine Eisen frisst. Sehr interessant sind auch die verschiedenen Modelle der Teilnehmer – längst nicht nur aus Gips oder Ton, sondern beispielsweise auch aus Styrodur. Oder direkt aus dem 3D-Drucker (und innen Fluggewicht-sparend hohl).

Viele Lehrlinge nähern sich ihren Stücken über Flächen, während die Gesellen und Meister oft frei herangehen. Vorgaben gibt es seitens der Veranstalter kaum: Es dürfen nur Handwerkzeuge zum Einsatz kommen, die Bearbeitungszeit beträgt 16 Stunden, alle Stücken haben die Maße 30 x 30 x 20 Zentimeter. Das Thema lautet “Mystische Fabelwesen: vom Einhorn bis zum zeitgenössischen fantastischen Wesen”.

In die Jury-Entscheidung fließen neben dem handwerklichen Können auch die Originalität der Idee, der Ausbildungsstand und die Umsetzung ein. Die verschiedenen Ideen sind es auch, die Alex Wenham aus Großbritannien bei jedem Festival begeistern. Damit der Austausch leichter fällt, hat der Bildhauer seit 2002 gemeinsam mit anderen Teilnehmern in aufwendiger Fleißarbeit hunderte Vokabeln des Handwerks auf Englisch, Deutsch und Französisch zusammengetragen: Bezeichnungen zu Werkzeug, Geometrie, Architektur und Material. Denn “Volute”, “Beiz-Eisen” und Co stehen in keinem normalen Wörterbuch. Käuflich ist dieses nützliche Wörterbuch aktuell leider nicht, Wenham findet keine rechte Finanzierungsmöglichkeit. Geld will er mit dem Buch nicht verdienen, er hofft, dass er beispielsweise einen Verband für den Druck ins Boot holen kann. Auf Initiative von Festivalgründer Bernward Fiedler haben zumindest alle Teilnehmer des Stein-Festivals eine Druckausgabe bekommen.

Stein-Festival soll der Öffentlichkeit ein unsichtbares Handwerk zeigen

Ein Ziel des Festivals besteht auch darin, der Öffentlichkeit das Handwerk zu zeigen. Bernward Fiedler, der die Veranstaltungsreihe 1999 gegründet hat und nach wie vor koordiniert, findet diese Sichtbarkeit besonders in Zeiten schwindender Lehrlingszahlen wichtig. In Freiburg etwa kamen 2014 rund 15.000 Besucher zum Stein-Festival – “das ist natürlich eine tolle Werbeveranstaltung”. Diese Eindrücke könnten ein erster Impuls sein, das Handwerk als spätere Berufsmöglichkeit auf den Schirm zu bekommen.

Rund 60.000 Euro gilt es für jedes Festival zu finanzieren, erzählt Fiedler – sie setzen sich meist aus Spenden, zum Beispiel in Form von Material oder den Baumstämmen, Kooperationen und den Erlösen aus den Ersteigerungen der Stücke zusammen. Im Idealfall kommt dabei so viel Geld zusammen, das schon wieder ins nächste Festival investiert werden kann – zum Beispiel 2019, wenn die europäischen Steinmetze sich vom 21. – 23. Juni im norwegischen Trondheim treffen. Die Stadt hat bereits zugesichert, eine Auswahl der dort entstehenden Stücken zu kaufen – zur Gestaltung eines neuen öffentlichen Platzes.

Preisträger 2018

Grand Prix der Stadt Saverne: Alex Wenham, England
Grand Prix Festival:
Mark McDonell, England

Kategorie Meister/Gesellen
1. Preis: Adrian Cochior, Ungarn
2. Preis: Beck Quentin, Frankreich
3. Preis: James Eversden, Großbritannien

Kategorie Lehrlinge 
1. Preis: Murat Pierre, Frankreich
2. Preis: Heinrich Thinstad-Storksen, Norwegen
3. Preis: Anne-Paulo Boehmer, Deutschland

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