26.11.2015

Gestalten

Mosaike auf dem Friedhof

Warum das Thema „Tod“ gesellschaftlich relevant ist? Natürlich, jeder stirbt einmal, der Tod gehört zum Leben. Der Philosoph Martin Heidegger beschrieb das Leben sogar als „Vorlaufen zum Tode“. Er sah den Tod als eine Chance, sich für das Leben frei zu machen und es – in seinem Sinne „denkend“ – anzupacken. Welchen Sinn Leben und Tod haben, was danach kommt oder ob die Seele überhaupt weiterlebt, sind Fragen, auf die wir wohl keine sichere Antwort erhalten werden. Wo die leiblichen Überreste verbleiben, wie die Lebenden am besten mit ihrer Trauer umgehen können und was der Friedhof leisten kann und muss, sind aber Fragen, auf die Politik und Gesellschaft durchaus konkrete Antworten geben können.

Fakt ist, viele Menschen wünschen sich Orte der Trauer, jedoch sollten diese pflegeleicht sein bzw. gar keine Pflege durch die Angehörigen erfordern und ein gewisses Budget nicht übersteigen. In München wurde nun ein Projekt umgesetzt, das diese Faktoren berücksichtigt und gleichzeitig eine innovative Friedhofsästhetik schafft: die Mosaikgärten am Westfriedhof. Sie wurden am 21. Mai 2015 eröffnet und umfassen 1.600 Urnenplätze. Wie der Name schon sagt, befinden sich im parkähnlichen Areal zwei Urnenwände und Brunnen mit Glasmosaiken. Etwa 246.000 Glassmalten aus Venedig verarbeiteten die Mitarbeiter der Mosaik- und Glaswerkstätten Gustav van Treeck nach einem Entwurf des Münchner Künstlers Christoph Brech.

13 Steinmetzbetriebe waren beteiligt an der Gestaltung der Mosaikgärten im Münchner Westfriedhof, der ersten städtischen Urnengrabanlage mit Komplettbetreuung.
Wie der Name "Mosaikgärten" schon sagt, befinden sich im parkähnlichen Areal zwei Urnenwände und Brunnen mit Glasmosaiken.
Etwa 246.000 Glassmalten aus Venedig verarbeiteten die Mitarbeiter der Mosaik- und Glaswerkstätten Gustav van Treeck nach einem Entwurf des Münchner Künstlers Christoph Brech.
Den Städtischen Friedhöfen München war die Verwendung heimischer Steine sehr wichtig – obwohl keine gesetzliche Verpflichtung besteht.
Alle Fotos: Gertrud Halas

Die Glassteinchen für Glassteinchen zusammengesetzten Mosaike zeigen Spiegelungen der Florentinischen Ponte alla Caraia im Arno – Standbilder aus einem Kunst-Video Brechs, in dem die verschwommene Brücke immer deutlicher auf der Wasseroberfläche zu erkennen ist. Aus einem digitalen Bild wurde ein analoges – aus Pixeln wurden Glasquadrate. Und genau wie am Bildschirm oder bei den Mosaikpuzzles bewahrheitet sich auch bei der Gesamtplanung des Friedhofkonzeptes die Sentenz Aristoteles`: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.

Das Münchner Büro „t17 Landschaftsarchitekten“ gestaltete das Areal. Ganz im Sinne des Architekten Hans Grässel, der den Westfriedhof 1902 entwarf, richteten sie sich nach der Prämisse „Schon Ordnung ist Schönheit“. Die Struktur des Friedhofs wurde aufgenommen, aber in eine moderne Formsprache übersetzt –  geometrisch genau strukturiert, aber offen und einladend. Die Grabplatten und Urnenstelen realisierten Steinmetze aus dem Raum München, hauptsächlich Mitglieder der Steinmetz- und Steinbildhauer-Innung München-Oberbayern. Vorgaben zur Gestaltung gab es keine, nur das Material war bestimmt: Kirchheimer Muschelkalk, Jura Kalkstein Gelb, Wachenzeller Dolomit, Anröchter Dolomit und Auer Kalkstein.

Beteiligte Steinmetzbetriebe:

Steininger Steinmetz, München
Gebr. Franz, München
Alfred Herklotz, München
Ludwig Schneider, München
Haberl&Neumayer, München
Stephan Halbich, München
Helmut Schlegel, Oberhaching
Oppenrieder GmbH, München
Steinhaus, Oberhaching
Barbara Oppenrieder, München
Steinmetz Luibl, Höhenkirchen-Siegertsbrunn
Stephan Scheungraber, München
Florian Peteranderl, Garching

Erfahren Sie mehr zu den Mosaikgärten im Münchner Westfriedhof in STEIN im Dezember 2015.

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