29.05.2019

Gestalten

Nichts wie Fjord

Foto: Lundhs/Morten Rakke

Eine besondere Kollektion an Küchenaccessoires aus einem ganz besonderen Stein – Larvikit aus Norwegen – haben wir hier bereits vor einiger Zeit vorgestellt. Die Familie Lundh widmet sich seit Generationen dem Abbau und der Weiterverarbeitung des hochwertigen Tiefengesteins. STEIN begleitet den Larvikit bei seiner Reise vom Steinbruch südsüdwestlich von Oslo bis zur fertigen Küche in Deutschland. 

Angefangen hat alles vor 300 Millionen Jahren, dort, wo heute Larvik liegt, mit dem Larvikit. Magma, die nicht an die Erdoberfläche vordringen konnte, erkaltete unter immensem Druck – wofür sie acht Millionen Jahre brauchte. Das Ergebnis bauen die ortsansässigen Lundhs immerhin seit mehr als 100 Jahren ab: 1962 machte sich Thor Lundh schließlich selbstständig, den Familienbetrieb gibt es heute in dritter Generation. „Wir stehen ganz am Anfang der Wertschöpfungskette“, erklärt Thor-Anders Lundh Håkestad stolz. Er ist Enkel des Firmengründers und heutiger Geschäftsführer von Lundhs, mit vierzehn Brüchen einer der größten Naturstein gewinnenden Betriebe Norwegens. Und es gibt eine handvoll Dinge, die ihm sehr wichtig sind im Geschäft mit dem Werkstoff: „Transparenz, Qualität, ökologische Nachhaltigkeit, Markenschutz und ein ehrlicher Umgang mit der Nomenklatur.“ Das Resultat sind zum Beispiel Küchenarbeitsplatten, bei denen der Kunde wie bei einem hochwertigen Nahrungsmittel genau nachvollziehen kann, wo sie herkommen. Angefangen beim Block im Bruch.

Massiv mit Meerblick: Vor dem Steinbruch nahe Larvik geht der Langesundfjord in den Skagerrak über Foto: Lundhs/Morten Rakke
Rock around the clock: Larvikitabbau im Steinbruch des Traditionsunternehmens Lundhs Foto: Lundhs/Morten Rakke

Bei Larvikit handelt es sich um lokal vorkommende plutonische Hartgesteine aus dem Oslograben, die im Streckeisendiagramm zwischen Syeniten und Monzoniten stehen, Merkmale beider Klassen aufweisen. Larvikit besteht fast ausschließlich aus Anorthoklas, einem Alkalifeldspat, gemischt aus Albit und Orthoklas. Platten aus diesem Werkstoff bieten ein besonders distinguiertes Lichtspiel, was an einer speziellen Eigenschaft des Anorthoklas liegt: Er bildet Kristalle bis zu fünf Zentimetern Größe aus, die taflig, flach oder rhombisch ausfallen können und wie Prismen wirken. Larvikit gibt es grob unterteilt in Varianten, die vorwiegend blau, grün, braun oder silbrig schimmern. Und Thor-Anders Lundh Håkestad macht diese zu Marken.

Mise en place: Mit dem Radlager geht es für die Arbeitsplatten in spe ab ins Blocklager Foto: Lundhs/Morten Rakke
Tranchiermaschine XXL: Schweres schwedisches Gerät im Steinbruch Foto: Lundhs/Morten Rakke

 

Doch bevor die bis zu 40 Tonnen schweren nordischen Monolithen zum Markenartikel werden, steht ihnen noch eine kleine Europareise bevor. „Per Schiff und Lkw kommen die Blöcke zum Gattern und für die Oberflächenbearbeitung entweder erst zu Antolini in Cavaion Veronese, oder sie werden direkt bei uns geschnitten und erhalten ihr Finish“, erklärt Mirko Adam den nächsten Schritt. Er ist Prokurist des deutschen Großhändlers Just Naturstein, der den Vertrieb und die Marketingaktivitäten für Lundhs-Produkte in der Bundesrepublik steuert. „Für die Endverarbeitung haben wir dann zusammen mit Lundhs eigens Fabrikationspartner vor Ort ausgewählt.“

Auf Nummer sicher: Sobald abgebaut, erhalten die Blöcke Identifikationschiffren Foto: Lundhs
Aufschnitt: Die Diamantseilsäge filetiert die Rohblöcke für die Endverarbeitung Foto: Just Naturstein

Einer von ihnen ist Steffen Würstl mit seinem Marmor-Center in Römhild, im Süden Thüringens. „Wir bekommen zum Auftrag die gegatterten Platten mit fertigen Oberflächen geliefert, dazu eine digital erstellte Zeichnung“, erzählt Geschäftsführer und Firmengründer Würstl, wie es mit den skandinavischen Rohplatten weitergeht. „Dann vermessen wir allerdings selbst vor Ort, bevor wir das Werkstück genau passend schneiden.“ Selbstverständlich nicht nur in den äußeren Abmessungen, sondern auch mit allen weiteren Ausschnitten und auch der Kantenbearbeitung. CNC-Zuschnitt und -Fräsungen sowie Waterjet-Arbeiten erfolgen mit Maschinen von CMS Brembana, der Schleifautomat für die Massivkanten stammt von Sassomeccanica. „Die hohe Dichte des Larvikits sorgt für sehr gleichmäßige Resultate“, betont der Marmor-Center-Chef. „Das Schleifen dauert zwar etwas länger als bei Gneis oder Konglomeraten, aber die kompakte Struktur macht es zum Spitzenmaterial.“

Plattensammler: Aus dem Rohplattenlager wird das Material zum Verarbeiter geschickt Foto: Lundhs
Feinschliff: Deutsche Fachbetriebe, wie hier Marmor-Center, vollenden die Werkstücke Foto: Marmor-Center

Dann wird noch schutzbehandelt. Aber halt, ist das denn nicht unnötig bei Larvikit? „Die Kapillarwirkung ist bei diesem Stein tatsächlich praktisch zu vernachlässigen. Theoretisch bräuchte er wohl keine Imprägnierung. Aber rein zur Vorsicht bringen wir diesen unauffälligen, lebensmittelechten Zusatzschutz auf“, erklärt Würstl. Er benutzt dazu „Anti-Fleck Nano-Effect“ von Akemi, eine nicht farbvertiefende Werkstattimprägnierung. Neben der geringen Flüssigkeitsaufnahme weiß der Praktiker auch noch von einer anderen hervorragenden Eigenschaft für den Kücheneinsatz zu berichten: „Richtig klasse finde ich aber auch die hohe Hitzebeständigkeit der Larvikite. Sie sind bis 300 Grad Celsius zertifiziert, und wir hatten auch noch nie das Problem, dass sich da durch Hitze irgendetwas am Werkstoff verfärbt hätte“, freut sich der Profi.

Wasser marsch: Das norwegische Hartgestein nimmt kaum Feuchtigkeit auf Foto: Marmor-Center
Wisch und weg: Larvikit ist widerstandsfähig gegenüber vielen chemischen Einflüssen Foto: Lundhs

Auch gegenüber UV-Strahlung ist das nordische Hartgestein laut Hersteller erfrischend indifferent, man verweist auf mehrere Jahrzehnte alte Fassaden aus dem Material, die keine Ausbleichungen zeigen. Seit 2016 bestätigt zudem ein Test für Privatküchen-Ausstattung nach britischem Standard BS 6222-3:1999 die hohe Widerstandskraft der Oberflächen und Kanten gegenüber mechanischen Krafteinwirkungen, sowie chemischen Angriffen: Beim Prüfinstitut FIRA wurde in jeder der 23 Kategorien die Bestnote erreicht.

Nach der Maßanfertigung tritt die weiterhin durchgehend per Label dokumentierte Küchenarbeitsplatte ihre finale Fahrt an. Eingesetzt wird sie dann entweder von Steffen Würstls Team oder dem örtlichen Monteur oder Metz am Bauvorhaben.

Kalte Platte auf der Kücheninsel: Arbeitsflächengestaltung mit der Larvikit-Sorte „Lundhs Blue“ im Oberflächenfinish Leather, also seidenmatt gebürstet Bild: Lundhs
Horizontal wie vertikal: Arbeitsplatte und Rückwand aus der Variante „Lundhs Royal“, matt geschliffen. Ein Kubikmeter Larvikit wiegt circa 2.750 Kilogramm Bild: Lundhs

Wem eine perfekt passende Arbeitsplatte nicht reicht, für den hat Lundhs noch eine spezielle Form der Vervollkommnung im Angebot: Man vertreibt auch Küchenartikel aus den lokalen, klar definierten Natursteinen – entworfen vom britisch-norwegischen Design-Duo Jenkins & Uhnger. Ob Farbton „Blue“, „Antique“, Emerald“ oder „Royal“ – Schneidbrettchen, Mörser und Schalen können aus dem jeweils passenden Larvikit erworben werden. Weitere Informationen zur formschönen Küchenaccesoire-Kollektion „Essence“ aus norwegischem Larvikit gibt es hier: www.stein-magazin.de/küchenutensilien-aus-exklusivem-larvikit

Bon Appetit: Passend zur Naturstein-Installation gibt es auch Küchenartikel und Geschirr aus dem jeweiligen Larvikit, hier im Beispiel „Lundhs Royal“ Bild: Lundhs
Die Kollektion „Essence “ verbindet Naturstein und Holz zu einer stimmigen Kollektion Bild: Lundhs

 

Wie akribisch das System eigentlich funktioniert, wird erst greifbar, wenn man sich weitere Zahlen vor Augen hält: Lundhs baut nur für den Interiorbereich jährlich 50.000 Kubikmeter Blöcke ab. Und trotz dieser großen Menge pocht Lundhs auch auf Umweltschutz: „Alle unsere Steinbrüche sind gemäß ISO 14001 zertifiziert für ihr Umweltmanagement“, unterstreicht Thor- Anders Lundhs Håkestad. Schon während sie noch abbauen, geschieht Sinnvolles auch mit dem restlichen Material, das nicht die erlesene Struktur für den Innenausbau hat: Große Mengen des Gesteins werden zum Küstenschutz eingesetzt, manches landet auch im Straßenbau. Denn irgendwie müssen die künftigen Küchenarbeitsplatten ja vom Bruch zum Hafen, vom Schiff zum Verarbeiter und vom Händler ins Haus kommen.

Die ganze Reise des norwegischen Larvikits und weitere Informationen zur Eignung des Steins für Naturküchen gibt es in der Juni-Ausgabe des STEIN-Magazin: www.stein-magazin.de/stein-06-19

Vorheriger Artikel

Nächster Artikel

das könnte Ihnen auch gefallen

Scroll to Top