15.04.2015

Baustelle

Sandstein abbeizen

Die Eckaufsicht zeigt den Unterschied zwischen der restaurierten Fassade und der “Sanierung” aus den 1960er-Jahren. Beim rechten Gebäude ist die originale Sandsteinverkleidung des Sockels erhalten. Das linke Gebäude wurde nach dem Zweiten Weltkrieg um ein Stockwerk erhöht.

Steinkonservierung mit Latexfarbe galt in den 1960er-Jahren als zeitgemäße Sanierungsmethode. Die flexible Farbe legt sich wie eine zweite Haut auf den Stein und schützt ihn vor äußeren Einflüssen. Doch leider verhindert diese Schicht auch die unbedingt notwendige Dampfdiffusion, sodass der derart “konservierte” Stein unter der wasser- und luftdichten Sperrschicht langsam verrottet.

In prominenter Lage Mannheims, direkt gegenüber dem Nationaltheater, befindet sich der  Friedrichsring Nr. 18 und 20. Das Mehrfamilienhaus wurde um 1890 im späten Historismus als Viererblock mit weiteren Gebäuden errichtet und steht unter Denkmalschutz. Das Haus Nr. 18 hat den Zweiten Weltkrieg relativ unbeschadet überstanden, nicht aber die Sanierungsmaßnahme aus den 1960er-Jahren. Seinerzeit wurde das Erdgeschoss aus rotem Sandstein mit Travertinplatten verkleidet und die zweischalige Fassade aus 15 bis 25 Zentimeter starkem, gelb-bräunlichen Sandstein vollständig mit brauner Latexfarbe überstrichen. “Farbe entfernen, lose Teile sichern, hinterspritzen, Fassadenanker setzen, Fassadenplatten befestigen und komplett neu verfugen” lautete nun der Auftrag des Bauherrn an den Restaurations- und Steinmetzmeister Günther Zeußel.

Zeußel entschied sich zu guter Letzt dafür, den Naturstein abzubeizen: Eine gängige Methode der Fassadensanierung ist das Reinigen im Niederdrucksandstrahl- oder Dampfstrahlverfahren. Dieses Verfahren schied jedoch aus, da sich die Latexfarbe auf dem Sandstein ähnlich verhält wie eine Schriftstrahlfolie auf einem Grabstein: sobald an einer Stelle die Farbe abgetragen ist, wird der darunterliegende Sandstein stark geschädigt. Ein gleichmäßiges Abtragen der Farbe ist aufgrund der hohen Elastizität von Latexfarbe also nicht möglich. In diesem Fall schien “Schleifen” die Methode mit dem geringsten Substanzverlust, doch das Schleifen von Sandsteinen wird von der Denkmalschutzbehörde nur in sehr seltenen Ausnahmen zugelassen.

Detailansicht nach der Sanierung

In Absprache mit der Denkmalschutzbehörde wurden deshalb zunächst Musterflächen angelegt. Doch anders als Dispersionsfarben, die nur einen geringen Kunststoffanteil haben, setzte die Latexfarbe den Schleifscheiben sehr schnell zu, sodass sich auch diese Methode als nicht praktikabel herausstellte. Letztlich kam nur das Abbeizen der kompletten Fassade infrage; eine relativ junge Methode, für die es nur wenige Referenzen gibt und erst recht keine Erkenntnisse über mögliche unerwünschte Folgeschäden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass keine Folgeschäden zu erwarten sind, sofern die behandelte Fläche fachgerecht neutralisiert wird.

Lesen Sie mehr zur Sanierung der Sandsteinfassade des Friedrichsrings Nr. 18 und 20 sowie zu weiteren Möglichkeiten der Farbentfernung auf Natursteinfassaden in STEIN im Februar 2015.

 

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