27.06.2014

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Schweizer Sandstein

Die Schweiz ist ein Land der Vielfalt. Die Einwohner sprechen vier Amtssprachen – Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Multikulti ist kein Fremdwort: 24 Prozent der Schweizer sind ausländische Mitbürger. Und doch gilt die Schweiz als bodenständige Nation mit Traditionsbewusstsein. Man möchte seine Eigenheiten bewahren. Und so zeigt sich auch Schweizer Sandstein gern als alter Werkstein in neuem Gewand.

Foto© Bärlocher Steinbruch Steinbildhauerei

Im Steinbruch der Firma Bärlocher zum Beispiel, oberhalb der Rorschacher Bucht am Bodensee gelegen, bauen zwölf Mitarbeiter jährlich etwa 10.000 Kubikmeter Rorschacher Sandstein ab und spalten oder sägen ihn vor Ort auf die gewünschten Maße.
Erst kürzlich kam dieser Schweizer Sandstein im Wohnpark Giessen in Meilen zum Einsatz. Zwischen den Sichtbeton-Fertigelementen der Wohnhäuser befindet sich bruchraues Mauerwerk aus Rorschacher Sandstein. Die Sichtflächen und Stoßfugen sind gespalten, die Lagerflächen gespalten oder geflammt. Die Umsetzung des Vorsatzmauerwerkes im Schottischen Verband dauerte auf der Baustelle rund zehn Monate. Die Stoß- und Lagerfugen sind zwischen zwei Millimetern und maximal fünf Millimetern groß. Nach außen sind die Fugen offen, was den Eindruck eine Trockenmauer vermittelt, nach innen sind sie – aus Gründen der Stabilität – mit einem Spezialkleber für Naturwerksteinbeläge vollflächig verklebt.

Foto© Müller Naturstein AG

Am oberen Zürichsee, zwischen Schmerikon und Eschenbach, baut der Natursteinbetrieb Müller in dritter Generation Bollinger Sandstein ab. Der Name des Molassesandsteins leitet sich von der Ortschaft Bollingen ab, in deren Nähe die relativ großen Lagerstätten liegen. Diese Lagerstätten stehen heute nahezu senkrecht und werden daher im Schachtbetrieb, durch in die Tiefe getriebene Brüche, abgebaut. Die wirtschaftliche Abbautiefe liegt bei etwa 50 Metern. Dieser Aufwand lohnt sich nur, weil die Sandsteinschichten sehr mächtig und kaum gestört sind.
Der Abbau ist allerdings nicht das einzige Arbeitsgebiet der Müllers: 1992 investierten die Gebrüder Müller in eine Werkhalle, in der die Rohblöcke mittels Gattersägen, Diamantfräsmaschinen, an der Drehbank oder in der hauseigenen Steinbildhauerei weiterverarbeitet werden.


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Fotos© Emilio Stecher

Etwas weiter südwestlich am Höhenzug Rooterberg gewinnt seit über 65 Jahren die Firma von Emilio Stecher Rooterberger Molassesandstein im eigenen Steinbruch Wiesweid. Rooterberger Sandstein, ehemals eine beliebte Steinsorte, wird heute nur noch dort gewonnen. Nach seiner Blütezeit im 19. Jahrhundert konnte die Region um die Ortschaft Root mit der fortschreitenden Industrialisierung der Branche nicht mithalten.
Der Abbau unterliegt strengen Auflagen und wird mit Sprengstoff durchgeführt. Die großen Lagerflächen des graublauen Steins lassen sich hervorragend spalten und verleihen ihm ein charakteristisches Aussehen. Dieser Schweizer Sandstein hat seine Nische gefunden und dient, dann auch in geschliffener Ausführung, besonders oft als dezenter und neutraler Bodenbelag.

Foto© Carlo Bernasconi AG

Der Vierte im Bunde ist die Carlo Bernasconi AG aus der Berner Region. Der Betrieb gewinnt den Berner Sandstein in den Steinbrüchen Ostermundigen und Krauchthal. In Ostermundigen gewinnt man diesen Schweizer Sandstein schon seit dem 15. Jahrhundert, praktisch alle historischen Bauten der Berner Altstadt bestehen aus ihm. Doch während im 19. Jahrhundert Ostermundigen den größten Steinbruch der Schweiz beherbergte, ist die Familie Bernasconi heute die letzte, die dort ihren Stein gewinnt. Er kommt vor allem für die Denkmalpflege zum Einsatz. Eine wichtige Marktnische, denn passendes Ersatzmaterial für historische Bauten liefern meist nur die schon damals genutzten Lagerstätten.

Mehr über die Schweizer Sandstein erfahren Sie in STEIN im Juli 2014.

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