07.09.2018

Chancen

Teamgeist im Trainingslager

Fliesen-Nationaltrainer Roland Filkorn

Die Operation Titelverteidigung wird akribisch vorbereitet: Die deutsche Nationalmannschaft der Fliesenleger arbeitet hart dafür, die Goldmedaille aus dem Jahr 2016 bei den diesjährigen EuroSkills Ende September in Budapest zu verteidigen. STEIN besuchte Team und Betreuerstab im Augsburger Trainingslager.

Mannschaft in goldener Mission: der aktuelle Deutsche Meister und Ersatzmann Janis Gentner, Fliesen-Nationaltrainer Roland Filkorn, Bundes-Flieser Cedrik Knöpfle, Co-Trainer Erik Brie-Knöpfle (v. l. n. r.) Foto: Philipp Neuman
Übungsmotiv 1 in Augsburg: Das Westwerk einer Basilika. Foto: Philipp Neuman
Alles im Fluss: Übungsmotiv 2 ist eine Auenlandschaft. Foto: Philipp Neuman
Das Team zu Gast bei Freunden (v. l. n. r.): Nationaltrainer Roland Filkorn, Co-Trainer Erik Brie-Knöpfle, Markus Balleisen (Leiter Zentrale Anwendungstechnik bei der PCI), Horst Barisch (Vorstandsmitglied des Fachverbands Fliesen und Naturstein), Bundes-Flieser Janis Gentner und Cedrik Knöpfle, Marc C. Köppe (Vorstand der Geschäftsführung der PCI) Foto: Philipp Neuman

Wie wird man eigentlich Nationaltrainer?

Ein wenig erinnert es an eine Formel-1-Box, nur statt Boliden stehen da jeweils zwei Übungswände für den A-Fahrer, Pardon, -Fliesenleger Cedrik Knöpfle und seinen Ersatzmann Janis Gentner, davor Werkbänke und Material. Auf dem Gelände der PCI in Augsburg hält das deutsche Fliesen-Nationalteam ein Trainigslager ab. „Ganz klar, ich will den deutschen EM-Titel von 2016 verteidigen“, sagt der 21-jährige Knöpfle aus Löffingen in Baden-Württemberg, der im selben Jahr Deutscher Meister in seinem Handwerk wurde. „Es ist eine große Herausforderung mit den komplizierten Aufgaben und dem hohen Wettbewerbsdruck, dem ich mich einfach stellen will.“

Ob er nervös sei? Bundes-Flieser Knöpfle lacht: „Sagen wir, die Anspannung ist schon enorm, seit ich nominiert wurde. Das glaubt man ja bis zur letzten Sekunde nicht, bis es real wird. Die Leistungsdichte ist sehr eng, ohne hartes Training wäre man chancenlos. Alle Abläufe und das Timing der Hände müssen genau stimmen.“ Doch der derzeitige Meisterschüler ist guter Dinge, wird er doch von zwei Koryphäen trainiert: Nationalcoach Roland Filkorn, Ausbildungsmeister Fliesen vom Ausbildungszentrum Geislingen der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, und seinem Co-Trainer Erik Brie-Knöpfle, Ausbildungsmeister der Fachschule in Donaueschingen und zufälligerweise Bruder von Cedrik. Ins Team schafft man es völlig unabhängig von jedweden Verwandschaftsverhältnissen allerdings nur über harte Ausscheidungswettbewerbe. Als Innungssieger, Kammersieger und schließlich Landessieger kommt man zur Deutschen Meisterschaft (Bundesleistungswettbewerb), dort müssen sich dann Platz 1 bis 3 nochmals qualifizieren.

Und wie wird man eigentlich Fliesen-Nationaltrainer? „Indem man von 2014 bis 2017 Co-Trainer ist“, schmunzelt Roland Filkorn. Logisch. Logik sowie Können und Kraft erfordern auch die Trainingsaufgaben, die der Betreuerstab dem Team stellt. Diese sind dem Ernstfall im Wettkampf ähnlich. Dort müssen innerhalb von drei Tagen anspruchsvolle Motive gefliest werden, meist Wahrzeichen der Gastgeberstadt. In Augsburg übt die Mannschaft mit der Westansicht einer Basilika und einer Flusslandschaft. 13 Vorschläge reichen die ebenso vielen Teilnehmerländer ein, welche Motive drankommen, ist bis Wettkampfstart unbekannt. „Nach 18 Stunden Bearbeitungszeit wird die Präzision der Schnitte und Klebung bewertet, maximal kann man 700 Punkte erreichen“, erklärt Übungsleiter Filkorn. Wer seiner Meinung nach die meisten Punkte holen wird? „Klar wollen wir gewinnen, aber realistisch kann man sehr zufrieden sein, wenn man auf dem Treppchen landet auf diesem Top-Niveau. Gut möglich, dass es ein enges Rennen zwischen Österreich, der Schweiz und uns wird, auch Südtirol ist meist ganz stark“, orakelt Filkorn.

Stellvertreter will zur WM 2019

Teilnehmen bei den EuroSkills darf jeder Kandidat übrigens nur einmal. Der Wettbewerb in Budapest vom 26. bis 30. September ist also Knöpfles große Chance, sich zum besten Fliesenleger Europas zu kacheln. Sollte er sich vor Beginn der Veranstaltung verletzen, steht sein erstklassiger Ersatzmann zur Verfügung: Janis Gentner aus Aalen, 20 Jahre alt und ebenfalls Deutscher Meister, er holte sich die nationale Krone seines Handwerks 2017. „Ich habe bei der Deutschen Meisterschaft und beim EM-Ausscheidungswettbewerb viel dazu gelernt und es hat auch noch viel Spaß gemacht, sich mit den Kollegen zu messen.“

Enttäuscht ist er nicht, in diesem Jahr die Nummer 2 sein. Die Stimmung im Team ist spürbar gut und selbstverständlich drückt Gentner seinem Kollegen die Daumen und möchte keinesfalls nachrücken müssen. Er hat einen eigenen Traum in Hinblick auf 2019: „Ich werde jetzt kräftig mittrainieren und mich nächstes Jahr dann um das WM-Ticket bewerben!“ Die Weltmeisterschaft findet im Rahmen der WorldSkills 2019 im russischen Kasan statt.

Wer Fliesenlegen als Spitzensport betreibt, wird dem nicht im Berufsalltag mal langweilig? Cedrik Knöpfle lacht: „Nein, auf keinen Fall. Die 15-Zentimeter-Fliesen aus dem Wettbewerb sind ja im Alltag als Kleinformat fast ausgestorben. Aber bei all den spannenden Herausforderungen auf Großbaustellen, im Schwimmbadbau oder generell im Bereich moderner 3D-Planung wird einem ganz sicher nicht fad.“

Hier arbeitet die Fliesen-Nationalmannschaft normalerweise:


– Cedrik Knöpfle besucht derzeit die Meisterschule Stuttgart, war bis Anfang 2018 als Geselle bei der Adrion-Knöpfle GmbH in Löffingen tätig
– Janis Gentner arbeitet als Geselle bei seinem Ausbildungsbetrieb Fliesen Abele GmbH & Co. KG in Aalen

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