07.12.2017

Gestalten

Naturstein verbindet


STEIN: Herr Thelen, der Leitgedanke Ihres Entwurfs war: „Gemeindearbeit sichtbar machen.“ Was genau meinen Sie damit?

In Düsseldorf-Pempelfort stand früher, neben der eindrucksvollen Kreuzkirche, ein sogenanntes Predigthaus. Heute befindet sich an dieser Stelle das Evangelische Gemeindehaus Düsseldorf-Mitte.

Das Architekturbüro thelenarchitekten hat das denkmalgeschützte Gebäude saniert und erweitert. Mit dem neuen Anbau haben die Düsseldorfer Planer ein Eingangsbauwerk geschaffen, das Transparenz schafft, den denkmalgeschützten Bestand aufwertet und gleichzeitig optisch eine Brücke zum Sakralbau schlägt. Im STEIN-Interview spricht der Architekt Hans-Jörg Thelen über die wichtigsten Punkte seines Entwurfs.

Hans-Jörg Thelen: Das Gemeindezentrum war eher ein sehr verschlossenes Gebäude und der Zugang erfolgte über den Hof. Das Hauptthema war, eine Adresse zu bilden und eine transparente Öffnung zu schaffen. Wir haben immer betont: „Wir bauen am Bürgersteig für den Bürger.“ Der wichtigste Punkt in unserem Entwurf war, die Öffnung des Gemeindezentrums hin zum öffentlichen Stadtraum an der Collenbachstraße. 

Zwei Außenhüllen aus Heilbronner Sandstein: Die abgerundete Gebäudeecke des modernen Neubaus sowie die imposante Fassade der über 100 Jahre alten Kreuzkirche. Foto: Tanja Slasten
Kein Stein gleicht dem anderen. Und zusammen mit den dezent ausgeführten Fugen ergibt sich ein „lebendiges“ Fassadenbild. Foto: Tanja Slasten
Bei den Bauarbeiten entdeckte man auf dem Grundstück ein guterhaltenes Relikt des ehemaligen Predigthauses. Der Stein befand sich früher über dem Portal des ehemaligen Betsaales. Foto: Tanja Slasten
Hans-Jörg Thelen arbeitet seit über 25 Jahre als Architekt. Foto: Harald Habets, Düsseldorf
Zusammen mit seiner Frau Andrea Thelen leitet er in Düsseldorf das Büro thelenarchitekten. Foto: Harald Habets, Düsseldorf

Und die Konsequenz war ein neuer Eingangsbau an der Collenbachstraße? 

Im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens waren wir die Einzigen, die sich getraut haben, in die Hauptfassade an der Collenbachstraße mit einem neuen Baukörper einzugreifen. Aus der Höhenstaffelung des Bestandsgebäudes hat sich unser Entwurfsansatz für den Neubau ergeben. Der eingeschossige Neubau ergänzt sinnfällig architektonisch und städtebaulich das denkmalgeschützte Gebäudeensemble. Und genau an dieser Stelle liegt auch der Haupteingang zum Gemeindezentrum. Das Gesamtkonzept der Offenheit und Transparenz wird durch die Einbettung der neu gestalteten Außenanlagen in den öffentlichen Stadtraum vervollständigt. Die Natursteinfassade des Neubaus nimmt direkten Bezug auf die Materialität der benachbarten Kreuzkirche.

Die neue Außenhülle besteht aus Heilbronner Sandstein, wie die Fassade der Kreuzkirche.

Das Steinmaterial haben wir zuvor bemustert. Denn für unsere Arbeitsweise ist es charakteristisch, dass wir schon im frühen Entwurfsstadium Materialien und Muster zusammenstellen, um im klassischen Sinn des Bauhausgedankens ein harmonisches Gesamtkonzept entwickeln zu können. Hierbei beschäftigen wir uns nicht nur mit der Gebäudehülle, sondern auch mit den Innenräumen und Außenanlagen. Es ist immer ein Gesamtkonzept, das wir anbieten.

Worauf haben Sie bei der Bemusterung des Fassadenmaterials Wert gelegt?

Bei der Wahl des Steinmaterials war das Material der Kirche maßgebend. Das lebendige Farbspiel, welches charakteristisch für den Heilbronner Sandstein ist, sollte auch den Neubau bestimmen. Ziel war es, visuell eine enge Verknüpfung zwischen dem Kirchenbauwerk und dem Eingangsbauwerk des Gemeindezentrums zu erzielen.

Der Steinmetz hat mehrere Fugenproben für die neue Fassade erstellt. Was war Ihnen hierbei wichtig?

Im Verhältnis zur Kreuzkirche handelt es sich beim Neubau eher um eine kleine Fassadenfläche. Man kann das wertigste Material verwenden, wählt man jedoch die falsche Fugenfarbe, führt dies zu einer nachteiligen Wirkung. An den vielen Fugenmustern konnte man sehr schön ablesen, dass zum Beispiel mit einer zu hellen Fuge die optische Wirkung der Fassade erheblich reduziert worden wäre. Um den Akzent eindeutig auf die Wirkung des Steins zu lenken, haben wir die Fugenfarbe so ausgewählt, dass diese nicht vordergründig in Erscheinung tritt. Zudem wurde die Fuge besandet, um eine möglichst flächige Gesamtwirkung der Fassadenfläche zu erzielen.

Stichpunkt Möbel: Die Steinsitzbänke haben Sie entworfen. Wie ist die Idee entstanden?

Wir hatten das Problem, dass die ganzen Erschließungsflächen offen und mit dem Treppenhaus – ein wesentlicher Fluchtweg – verbunden sind. Deswegen konnten wir keine brennbaren Materialien in die Flur- und die Foyerzonen einbauen.

Mit Verweis auf klösterliche Situationen und Mobiliar in Kirchen, in denen Steinsitzbänke üblich sind, konnten wir die Gemeinde davon überzeugen, dass Steinsitzbänke auch in den Foyerzonen des Gemeindezentrums eine angemessene Lösung sind. Heizungen, die nicht sichtbar unter den Sitzbänken positioniert worden sind, führen zu einer Erwärmung der Steinfläche und wirken somit der kühlen Steinmaterialität entgegen.

Warum haben Sie für die Bänke den Belgischen Blaustein gewählt?  

Entsprechend den bestehenden Foyerzonen im Obergeschoss haben wir auch im Foyer des Erdgeschosses eine Kombination von Belgischem Granit (Randeinfassungen) und Solnhofener Natursteinplatten gewählt. Um die Wirkung der Steinsitzbänke im Foyer des Erdgeschosses der Gesamtwirkung unterzuordnen, sollten die Stahlunterkonstruktionen mit den aufliegenden Steinplatten in der Farbgebung dem Belgischen Granit des Randfrieses entsprechen. Aus diesem Grunde wurde die Stahlkonstruktion anthrazitfarben lackiert und die Steinauflagen aus Belgischem Granit hergestellt.

 

Erfahren Sie mehr über das Evangelische Gemeindehaus Düsseldorf-Mitte und über die Natursteinarbeiten in der Januarausgabe der STEIN (2018).

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