06.04.2021

Branchennews

Wie wird der Preis von Zusatzleistungen, Vertragsänderungen und Mengenmehrungen berechnet?

Lehrbeauftragter a.D. für Baurecht in München. Foto: privat
Lehrbeauftragter a.D. für Baurecht in München. Foto: privat

Neue Rechtssprechung: Kommt es bei der Vertragsabwicklung zu Leistungsänderungen oder Mengenmehrungen, und haben die Vertragspartner einen VOB-Vertrag geschlossen, so galt bisher der Grundsatz: „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis“. Im Klartext: Auch für eine angeordnete Vertragsänderung oder für Mengenmehrungen in einzelnen Positionen ist bei der Berechnung des Preises für diese Leistungen von den Preisermittlungsgrundlagen des Hauptangebots auszugehen. Sind diese gut, bleibt auch der Nachtragspreis gut. Bei schlechten Ausgangspreisen muss der Auftragnehmer unter Umständen draufzahlen. Dieses Prinzip wurde nun von der Rechtsprechung „gekippt“.

Lehrbeauftragter a.D. für Baurecht in München. Foto: privat
Rechtsanwalt Dr. Olaf Hofmann, Lehrbeauftragter a.D. für Baurecht in München. Foto: privat

Der BGH hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Bei einem VOB-Einheitspreisvertrag über die Herstellung von Fassadenarbeiten kam es bei der Position „Fassadendämmung“ zu Mehrmengen von deutlich über zehn Prozent. Der Auftragnehmer berechnet in seiner Schlussrechnung auch für die Mehrmengen den für ihn „sehr guten“ vertraglich vereinbarten Einheitspreis und beruft sich hierbei auf § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B, wonach auch für die Mehrmenge der vertragliche Einheitspreis maßgeblich ist. Lediglich dann, wenn etwaige Ersparnisse festzustellen sind oder wenn der Auftragnehmer Mehrkosten (zum Beispiel höhere Einkaufspreise für das Material, höhere Lohnkosten) nachweisen kann, ändert sich dieser vertragliche Ausgangspreis. Weil weder Ersparnisse noch Mehrkosten angefallen seien, gelte somit der Vertragspreis.

Hat der Auftragnehmer recht?

Die Entscheidung Der BGH hat hierzu mit Urteil vom 21. November 2019, Baurechts- Report 2020, Seite 1 Folgendes ausgeführt:
1. Der Anspruch auf Bildung eines neuen Preises setzt nur voraus, dass die ausgeführte Menge den im Vertrag angegebenen Mengenansatz um mehr als 10 % überschreitet und eine Partei die Vereinbarung eines neuen Preises verlangt.

2. Können sich die Vertragspartner auf den neuen Preis nicht einigen, erfolgt die Bildung des neuen Preises für die Mehrmenge „nach tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge“.

Hinweise für die Praxis

1. Das VOB- Prinzip „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis“ ist somit nicht mehr gültig.
2. Dieses Prinzip gilt natürlich nicht nur dann, wenn der Auftragnehmer einen „guten“ Einheitspreis hat, sondern sich beispielsweise beim Vertragspreis zu seinen Ungunsten verkalkuliert hat. Nun kann er für die Mehrmenge einen angemessenen Preis fordern, diesen also nach „tatsächlich erforderlichen Kosten“ berechnen.
3. Inzwischen gibt es weitere Urteile, wonach auch für die Berechnung des Preises von Zusatzleistungen und Vertragsänderungen die Preisermittlungsgrundlagen des bisherigen Vertragspreises nicht mehr maßgeblich sind. Vielmehr richtet sich auch hier der neue Preis nach den „tatsächlich erforderlichen Kosten“ (siehe OLG Brandenburg vom 22.04.2020, Baurechts-Report 2020, Seite 22).

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