26.05.2014

Chancen

Trends im Bad

Nasszellen sind passé – Badkonzepte sind in, die selbst aus kleinen Räumen große Erlebnisse machen und auch morgen noch perfekten Komfort bieten. An die Gestaltung werden immer höhere Anforderungen gestellt. Ein paar Platten an der Wand und auf dem Boden reichen da schon lange nicht mehr. Neben Steinen sind vor allem Farbenreichtum, ausgesuchte Funktionalität und solides Handwerk gefragt.

Mailand im April 2014. In dem Garten eines prächtigen Palasts aus dem 19. Jahrhundert ragen Stufen aus grauem Marmor in den Himmel. In einer kleinen Gasse nahe der Oper sitzen Menschen in Gummisesseln auf dem Bürgersteig und mitten in der Via Montenapoleone steht eine Badewanne. In Mailand ist Möbelwoche und irgendwie ist alles anders in diesem Jahr. Wo sind sie geblieben, die Einkäufer und Journalisten aus aller Welt, die sonst immer schon am Preview-Tag nach Mailand reisen, um als Erste die neuesten Entwürfe begutachten zu können? Doch dieses Jahr verlief der Salone del Mobile merklich ruhiger als die Jahre zuvor. Das ist ungewöhnlich, vor allem wenn Eurocucina und Eurobagno auf dem Programm stehen. Alternierend mit der Sonderschau Euroluce, der Lichtmesse, sind 2014 die Trends in Küche und Bad an der Reihe, zwei für die Branche wichtige Absatzträger. In diesen Hallen waren denn auch noch die meisten Besucher anzutreffen, während sich in den übrigen, den Möbeln gewidmeten Messehallen der Menschenauflauf in Grenzen hielt.

Das ist ein erstes Zeichen, wie wichtig die einstige Nasszelle geworden ist, wenn es um Wohntrends geht. Das private Spa – vom schlichten Bad will heute niemand mehr reden – bedeutet für die Badausstatter heute Individualität, Ästhetik und vor allem Emotionen. Die einstige, kaum sieben Quadratmeter große und mit Fliesen gekachelte Nasszelle ist zu einem, so hat es jedenfalls den Eindruck, »sakralen Erlebnisort« des »Ich-bin-mir-Selbst-der-Nächste«-Lifestyles geworden; natürlich wie die Natur, voller Emotionen und der reinen Kraft selbstbestimmten Ichs.

Marmor, der Stein, der sich über Dekaden mit überkandidelten Badezimmern assoziieren lassen musste, feiert ein Revival. Der Japaner Tokujin Yoshioka lässt Marmor in der Präsentation »Marble Across Time« am Stand des türkischen Natursteinverbands schweben und zeigt einen Tisch zwischen zwei Glasprismen. Die Marmorplatte, die in der Luft zu schweben scheint, ist sorgfältig zwischen zwei vertikalen Acrylformen ausbalanciert. Nur Stein genügt heute nicht mehr. Stein wird heute gemacht. Die neuen, industriell gefertigten, harten Steine liegen nicht mehr nur als Arbeitsplatte in der Küche, sie sollen auch helfen, das Badezimmer noch natürlicher zu machen. Die gemachte Natur ist die bessere Natur. Klingt paradox, ist aber so. Je künstlicher das Produkt, je verkünstelter der Entwurf und das Design, desto natürlicher die Botschaft. Egal ob kunstharzgebunden oder auf keramischer Basis produzierte Produkte: Die neuen Steine gelten als Natur pur. Naturstein ist nur Natur und irgendwie von gestern. »Wir produzieren mehr Natur«, heißt es vollmundig und selbstüberzeugt. Wer will da schon von Energieeffizienz, von Produktionsketten oder gar von Transportwegen sprechen.

Lesen Sie mehr zu den Trends im Bad in STEIN im Juni 2014.

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