29.06.2017

Baustelle

Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss

Am 24. und 25. Juni 2017 waren circa 35.000 Gäste bei den Tagen der offenen Baustelle im Berliner Schloss, um sich vom Baufortschritt ein Bild zu machen. Im Rahmen der Veranstaltung wurden Ausstellungen, Performances, Live-Acts und Konzerte angeboten. Für das Event sind sogar einzelne Fassadenabschnitte von Gerüsten befreit wurden. 

Die Besucher konnten Einblicke über den Baufortschritt und Impressionen über die Vielseitigkeit des zukünftigen Programms des Humboldt Forums erhalten. Blickfang war die zum Teil fertiggestellte Nordfassade zum Lustgarten, der Schlüterhof und das Eosanderportal mit seinen großen Bögen und der lichtdurchfluteten Agora.
Der 30 Meter hohe Raum verbindet historische und zeitgenössische Fassadengestaltung. Barock trifft hier auf zeitgenössische Architektur. Hier wurden verschiedene Themen öffentlich diskutiert, wie „Die Dynamik des Widerspruchs, Form und Inhalt des Humboldt Forums“, „Architektur, Kunst und Spirituelles: Palast“, „Natur und Kultur: Adler“, sowie „Gesellschaft und Politik: Helm”.

 

Neben der fast fertiggestellten Agora... (Foto: Boris Frohberg)
… wurde den Besuchern auch ein Blick in den Schlüterhof gewährt. Hier die Antinous-Statue, die von Hofmann Naturstein gespendet worden ist. (Foto: Boris Frohberg)
Im Natursteinlager finden sich große Säulentrommeln wider, die auf ihre Verwendung warten. (Foto: Boris Frohberg)
Für das wohl größte Kulturprojekt Deutschlands soll der Kostenrahmen von 590 Millionen Euro eingehalten werden. (Foto: Boris Frohberg)

Natursteinarbeiten am Berliner Schloss

Der Betonrohbau wird mit 2.900 Schmuckelementen aus 9.000 Kubikmetern Sandstein verziert, darunter 90 Widderköpfe, 45 Adler und mit 3,5 Millionen Ziegeln verkleidet. Von den Natursteinarbeiten sind insgesamt bereits 65 – 70% abgeschlossen, so der Förderverein. Insgesamt seien über 90% der Aufträge für die Gesamtbaumaßnahme vergeben worden, bei den Natursteinarbeiten sind es 100%.
Die Bildhauer verwenden verschiedene, vorwiegend sächsische und schlesische Sandsteine. Analog dem historischen Vorbild sind eine Mischung und ein Spiel der Strukturen und Nuancen durchaus gewollt. Da die Natursteine für die Fassadenrekonstruktion von größter Wichtigkeit sind, wurden Kennwertgruppen und Farbwerte vorgegeben.
Für Sockel-, Balustraden- und Traufgesimsbereiche sind härtere Gesteine vorgesehen; für bildplastische Bereiche und Rücklagen weichere. Es kommen vorwiegend Rackwitzer-, Postaer- und Reinhartsdorfer Sandstein zum Einsatz. Dagegen soll hier aufgrund der Anfälligkeit weitgehend auf den sogenannten Cottaer-Sandstein verzichtet werden.
Die Originalfragmente der sechs überlebensgroßen Skulpturen des Schlüterportals sollen im Lapidarium des Ostflügels präsentiert werden. Am neu geschaffenen Portal im Osthof wurden alle acht Figuren rekonstruiert.

Neben der fast fertiggestellten Agora... (Foto: Boris Frohberg)
… wurde den Besuchern auch ein Blick in den Schlüterhof gewährt. Hier die Antinous-Statue, die von Hofmann Naturstein gespendet worden ist. (Foto: Boris Frohberg)
Im Natursteinlager finden sich große Säulentrommeln wider, die auf ihre Verwendung warten. (Foto: Boris Frohberg)
Für das wohl größte Kulturprojekt Deutschlands soll der Kostenrahmen von 590 Millionen Euro eingehalten werden. (Foto: Boris Frohberg)

Kontraste im Alt- und Neubau

Die Besucher konnten sich überzeugen, dass nicht nur das Eosanderportal in der Westseite (Portal Nr. 3) und das Triumphbogen-Portal im großen Foyer fertig ist. Auch die Lustgarten-Seite war bereits zu sehen. Das Gerüst ist hier auf einer Breite von 30 Metern extra für die Tage der offenen Portale abgebaut worden, damit die Besucher einen unverstellten Blick haben. Die hellgelb gefasste Putzfassade mit den etwas dunkleren natursteinsichtigen Sandsteinverkleidungen der Fensterlaibungen und -architrave bietet nun einen ersten Eindruck. Es entsteht ein heller, fröhlicher, barocker Neubau, der natürlich so nie ausgesehen hat, da alle Sandsteinbauteile ursprünglich gefasst waren.

Circa 50 geborgene Fragmente sind nach der Restaurierung in den Neubau integriert worden. Da diese Stücke durch die Beschädigung, Lagerung und Bewitterung stark beschädigt waren und sie deshalb im Kontrast zu den neu angefertigten Teilen stehen, ist der Eindruck etwas befremdlich. Ob der Bau als beispielhaft für den Umgang mit Verlusten gelten wird, ist umstritten.  Jedenfalls gibt der Baukörper dem historischen Zentrum der Hauptstadt seinen Bezugspunkt zurück.


Hintergrundinformationen zur Geschichte des Schlosses sowie zum Neubau

Der ursprüngliche Schlossbau begann 1443 unter Kurfürst Eisenzahn. Das Hohenzollernschloss wurde später durch die Baumeister Schlüter und Eosander grundlegend umgebaut und modernisiert, sowie durch die Baumeister Böhme, Gonthard, Langhans, Erdmannsdorff und Schinkel partiell verändert. Dieses Gebilde aus Renaissance, Barock, Klassizismus und Historismus blieb bis zur Zerstörung im Frühjahr 1945 und der Sprengung 1950 eines der bedeutendsten Wahrzeichen Berlins.

Das neue, ab 2013 gebaute Schloss, soll weit mehr als nur ein Museum im verkleideten Betonneubau sein. Es entsteht ein themenübergreifender Dialog der Weltkulturen. Hier finden die Ethnologischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Sammlungen der Humboldt-Universität, sowie ein Museum des Ortes ein neues Zuhause. Somit wird mit der Perspektive auf eine gegenseitige Beeinflussung der Bogen von den klassischen Kunstschätzen auf der weltbedeutenden Museumsinsel zu den völkerkundlich-ethnologischen Sammlungen gespannt und an die Museumsnutzung, die nach der Abdankung der Hohenzollern 1918 teilweise in das Gebäude eingezogen war, angeknüpft.

Kostenaufteilung für das Kulturprojekt

Der italienische Architekt Franco Stella legte 2008 den Siegerentwurf für das Humboldt Forum im Berliner Schloss vor. 2013 fand der erste Spatenstich statt. Für das 35 Meter hohe Gebäude (mit Kuppel sind es 70 Meter) mit einer Länge von 184 Metern und einer Breite von 117 Metern hat der Bund die Kostenobergrenze bei 590 Millionen Euro gezogen. Das Spendenziel von insgesamt 105 Millionen Euro soll durch den unermüdlichen Einsatz des Fördervereins erreicht werden.

Von dieser Summe entfällt mit 80 Millionen Euro der Löwenanteil für die Rekonstruktion der historischen Fassade. Für die Rekonstruktion weiterer Bauteile wie der Kuppel und der Innenportale I, II und III sind die restlichen 25 Millionen Euro veranschlagt. Derzeit sind etwa 63 Millionen Euro an Barspenden zusammengekommen. Zuzüglich Sachspenden und Spendenversprechen, deren Wert der Chef des Fördervereins Berliner Schloss, Wilhelm von Boddien, auf rund elf Millionen Euro beziffert, fehlen noch 31 Millionen Euro.
Einer Eröffnung Ende 2019 steht angeblich nichts im Wege, denn das Großprojekt ist im Zeitplan, was eine Besonderheit in Berlin darstellen dürfte. Erstaunlich ist, das solch komplizierte Bauprojekte wie die Frauenkirche in Dresden und das Schloss in Berlin im geplanten Zeit- und Kostenrahmen verwirklicht werden können.

 

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