So, als Abschluss unserer Reihe zur Bestattung von Angehörigen möchten wir Ihnen natürlich nicht das Antwortschreiben von P gegenüber einem unserer Kollegen vorenthalten, der beim Verschicken von Werbung recht fix war:

Über das Anschreiben, das meine Mutter sehr pünktlich zwei Wochen nach Versterben Ihres Mannes / meines Vaters bekommen hat, möchte ich hiermit mein Missfallen ausdrücken. Die Tatsache, dass so etwas per Gesetz nicht verboten ist, rechtfertigt in meinen Augen nicht, dass man es nutzt.

Der Friedhof als tradierte Institution steht – wie Sie zweifelsfrei mitbekommen haben – auf dem Prüfstand. Die Menschen stellen seine Form, seinen Nutzen sowie ganz allgemein seine Notwendigkeit in Frage.
Als Hinterbliebener ist man in der unglücklichen Situation, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen. Der Bestatter ist naturgemäß der Erste, auf den man in so einer Lage trifft. Spätestens der Rechnung haftet zum ersten Mal ein schaler Geschmack an. Die vom Gärtner bestellten Blumen werfen durchaus auch die Frage auf, ob das Preis-Leistungsverhältnis wirklich gewahrt ist.

Und wenn dann der erste Ärger verflogen ist und man sich in Ruhe mit den gegebenen Tatsachen auseinandersetzen kann, kommt dann ungefragt der Steinmetz und erinnert einen mit umschmeichelnden Worten an die Tatsache, dass es gesellschaftlich relevant wäre, dem Verstorbenen eine Erinnerung in Stein zu gießen. Was sollen denn sonst die Nachbarn denken!

Dieses allseitige Profitdenken kotzt mich an! Wir Steinmetzen sollten diejenigen sein, die einen Schlussstein für die Trauer setzen. Und zwar zu dem für den Kunden richtigen Zeitpunkt. Das kann relativ schnell sein, aber sicher nicht nach zwei Wochen. Wenn Sie so einzigartige Steine schaffen, wie Ihre Werbung verspricht, dann ist das ein langwieriger Prozess, der eine intensive Auseinandersetzung mit den Hinterbliebenen und dem Verstorbenen braucht. Das schafft man nicht, wenn man geschäftsmäßig routiniert seine Produkte anpreist wie andere Verkäufer Waschmaschinen!

Wir sind als Gewerk im Trauerprozess »die Letzten«, bevor der Alltag wieder für den Kunden beginnt. Das ist eine verantwortliche Position, die ich mit dem letzten Song in einem Konzert vergleichen möchte. Er sollte großartig sein, damit das Konzert in guter Erinnerung bleibt. Sonst führt die Diskussion über den Friedhof vielleicht doch zur Abschaffung desselbigen, weil der König Kunde mit überteuerten Standardprodukten und -floskeln zugeschissen, sich schlicht und ergreifend anders orientiert.

Seitenblicke aus STEIN im August 2013.

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