20.01.2016

Technik

Fleckempfindlichkeit von Naturstein

Gründer der Initiative steinkultur.eu
Gründer der Initiative steinkultur.eu (Foto: privat)

Die potenzielle Verfleckungsneigung von Naturstein ist ein vielbeachtetes Thema – nicht nur bei Architekten und Bauherren, sie steht auch im Fokus der Bauchemie. Mit der SCM Staincheck Method hat die Forschungsabteilung der italienischen Firma Fila in Zusammenarbeit mit der Initiative steinkultur.eu eine neue messbare Methode zur Feststellung des Verfleckungsverhaltens von Naturstein entwickelt. Wir haben mit Detlev Hill, dem Gründer der Initiative steinkultur.eu gesprochen.

 

STEIN: Herr Hill, Sie haben zusammen mit der italienischen Firma Fila ein Verfahren entwickelt, mithilfe dessen die Verfärbungsneigung von Naturstein gemessen werden kann, die sogenannte SCM Staincheck Method. Wofür steht SCM Staincheck Method?

Detlev Hill: Es geht dabei um ein objektives Verfahren zur Feststellung des Verfleckungsverhaltens. Naturstein ist ja ein kapillaroffenes System. Das hat viele Vorteile – unter anderem wirkt dies Klima regulierend. Naturstein nimmt überschüssige Feuchtigkeit aus der Raumluft und gibt diese bei Bedarf wieder ab. Genau diese Eigenschaft führt aber auch dazu, dass Naturstein zur Fleckbildung neigen kann.

Wann ist eine Verschmutzung liebenswerte Patina, wann ein Fleck?

Ein Fleck ist Schmutz, der sich partiell in den Porenräumen zwischen den Mineralien abgelagert. Wir nehmen einen Fleck allerdings nur dann wahr, wenn sich der Schmutz neben einem transluzenten Mineral ablagert, denn nur das transluzente Material ist lichtdurchlässig. Weißer Marmor ist beispielsweise besonders reich an transluzenten Mineralien. Granit wird meist als nicht empfindlich eingestuft, enthält aber ebenfalls transluzente Mineralien, wie Quarz oder Feldspat und ist daher in der Regel ebenfalls von Fleckbildung betroffen.

Was ein Fleck ist, liegt also im Auge des Betrachters?

Richtig, und genau hier liegt die Krux: Die gültigen Regelwerke untersuchen vor allem die bauphysikalischen Eigenschaften von Naturstein. Der weitaus größere Teil aller Streitfälle resultiert jedoch aus dem Auftreten von Flecken. Die derzeit gültigen Normen sehen hier eine rein subjektive Betrachtung vor. Bei der Bewertung nach der DIN EN16301 soll eine Begutachtung von drei Personen und unabhängig voneinander durchgeführt werden. Das ändert aber nichts daran, dass es eine rein subjektive Bewertung ist! Aus diesem Grund haben wir nach einem neuen Ansatz gesucht, nach einer Methode, die objektiv messbare Ergebnisse liefert. Dieses Ziel haben wir mit einem optischen Instrument erreicht, dem Kolorimeter. Das Kolorimeter misst Farbabweichungen und kommt zum Beispiel in der Lackindustrie oder der Lebensmittelchemie zum Einsatz.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Mit dem Kolorimeter bestimmen wir zunächst Farbtemperatur und -intensität des Prüfkörpers, zum Beispiel einem Red Balmoral. Die erste Messung erfolgt auf der Platte ohne Fleck. Dann bringen wir verschiedene Fleckbildner – Zitronensäure, Rotwein, Öl – in einer exakt dosierten Menge auf. Nach einer bestimmten Zeit – 3 Minuten, 30 Minuten und 24 Stunden – wird der Überschuss abgenommen. Was zurück bleibt, ist der Fleck. Mithilfe des Kolorimeters messen wir nun die Verfärbung und vergleichen sie mit den Ausgangswerten. Anders als die DIN EN16301, die eine rein subjektive Betrachtung ist, haben wir mit dem Kolorimeter also eine objektive Betrachtung.

Mit dem neuen Verfahren lassen sich Veränderungen an der Materialoberfläche feststellen, die für das bloße Auge nicht erkennbar sind?

Richtig. Außerdem ermöglicht die Kenntnis der gesteinsspezifischen Parameter eine dosierte Anwendung der jeweiligen Produkte für Präventivmaßnahmen und zur Fleckentfernung und – vor allem – eine objektive Einschätzung beziehungsweise Bewertung des möglichen Einsatzbereichs eines Natursteins mit und ohne entsprechende Behandlung.

Wie kommt es zu den Zeitintervallen 3 Minuten, 30 Minuten und 24 Stunden?

Diese Zeiträume entsprechen der Nutzung von Immobilien: Innerhalb von 3 Minuten wird normalerweise im privaten Haushalt eine versehentlich verschüttete Substanz entfernt. 30 Minuten entsprechen dem Zeitraum, innerhalb dessen bei gewerblich genutzten Immobilien eine gleitfördernde Substanz im Rahmen der Sorgfaltspflicht entfernt werden sollte – wenn also zum Beispiel im Supermarkt eine Saftflasche herunterfällt und zerbricht. Im Hotel ist es wiederrum so, dass das Personal in der Regel einmal täglich reinigt, also alle 24 Stunden.

An wen richten Sie sich mit Ihren Untersuchungsergebnissen?

Wichtig ist diese Methode für alle Fachleute, die mit Naturwerkstein und dessen Auswahl zu tun haben. Dazu zählen Steinbruchbetreiber, Natursteinverarbeiter und -händler, Planer und Architekten, Bauträger, Verlege- und Dienstleistungsbetriebe von Naturstein ebenso wie Restauratoren und spezialisierte Reinigungsunternehmen. Durch SCM Staincheck Method erhalten sie präzise Informationen über die Reaktion des Steins in Bezug auf die Wirkung von fleckbildenden Substanzen. Die natürlichen Gegebenheiten des Steins und deren Optimierung durch Fila-Produkte können mit messbaren Werten aufgezeigt werden. Diese Dokumentation kann im Schriftverkehr mit dem Auftraggeber zur Erfüllung der Hinweispflicht gemäß VOB-Werkvertrag verwendet werden.

Herr Hill, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

Mehr zum Thema Fleckempfindlichkeit von Naturstein lesen Sie in STEIN im Februar 2016.

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