20.04.2017

Chancen

Unsichtbare Schicht: Witterungsschutz für Marmor


Von Bologna nach Princeton: Entwicklung des Forschungsprojekts

Marmor hat eine lange Lebensdauer – aber keine unendliche. Daher entwickelt der Professor Enrico Sassoni einen Witterungsschutz an der Universität Princeton und Bologna.

Der Cimitero Monumentale della Certosa di Bologna wurde 1801 als Gemeindefriedhof angelegt. Die architektonisch anspruchsvollen Gruften entwickelten sich zu einem Freilichtmuseum; Jahrzehnte lang galt der Friedhof als Symbol für Frieden und Unsterblichkeit.

Aber auch am Stein nagt der Zahn der Zeit. „Obwohl Marmor sehr langlebig ist, durchläuft er Alterungsprozesse. Durch schwankende Temperaturen entstehen Risse, Regen zersetzt die brüchige Oberfläche,“ erklärt der italienische Professor Enrico Sassoni, der derzeit an einem Witterungsschutz für Marmor forscht.

Momentan arbeitet der Italiener als Gastprofessor an der Universität Princeton, wo er ein internationales Team um sich hat. Erste Tests zur Erhaltung der Kunstwerke und Grabmähler des Certosa di Bologna testete der Professor mit seinem Team der Universität Bologna. Insgesamt soll das Forschungsprojekt drei Jahre dauern.

Sightseeing auf dem bekannten Friedhof Certosa di Bologna
Behandlungs-Test: Marmor vor Witterung schützen
Detail einer behandelten Stütze
Marmor-Verfall auf dem Friedhof Certosa di Bologna

Lösung mit Calcium-Verbindung

„Im Gegensatz zu anderen Ansätzen hat unsere Methode die Vorteile, dass sie auf dem nicht-toxischen Lösungsmittel Wasser basiert, tief in die Risse im Stein eindringt und innerhalb von 24 Stunden reagiert“, erklärt Sassoni.

Die Substanz ist eine Calcium-Verbindung, wie sie in menschlichen Knochen und Zähnen vorkommt. Darin enthalten ist Hydroxylapatit, das aus der Reaktion einer Wasser-basierten Phosphat-Salz-Lösung und Kalzit entsteht – aus letzterem Mineral besteht Marmor.

Die Lösung sickert in Hohlräume des Steins und schafft eine Verbindung zwischen den Rissen. Somit entsteht eine beständigere Oberfläche gegenüber Umweltverschmutzung oder Regen.

Im Prinzip wirkt die Lösung wie ein Klebstoff, der die Lücken im Stein füllt. Aufgetragen wird lediglich ein feiner Film, „etwa so stark wie ein Zehntel eines menschlichen Haares“, erklärt George Scherer, der das Materialforscher-Team des Lehrstuhls in Princeton führt. „Es geht darum, dass die Schicht nicht sichtbar ist. Sobald sie dicker aufgetragen wird, ändern sich Reflexion und Oberflächenfarbe.“

Zukunft der Marmor-Beschichtung

Noch handelt es sich um erste Tests – Hoffnungen der Teams in Bologna und Princetons liegen in einem Schutzfilm, der Marmorstrukturen Jahrzehnte lang schützen kann. Im nächsten Schritt geht es darum, die Lösung dichter und rissfester zu machen. Enrico Sassoni: „Folgend unserer vorläufigen Auswertungen könnte das Ergebnis erreicht werden, indem der Lösung Alkohol hinzugefügt wird.“

Als Pilotprojekt der Princeton-Forscher soll außerdem eine Hydroxylapatit-Behandlung an einigen Skulpturen im Park des Versailler Schloss vorgenommen werden, in Kooperation mit Restauratoren und Forschern vor Ort.

Im September kehrt Sassoni an die Universität Bologna zurück. Dort möchte er außerdem Möglichkeiten der Galvanotechnik testen, um mittels Strom eine vielleicht noch dünnere Schicht bilden zu können.

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