Auf den ersten Blick sieht es in der Tat nach gehörigem Potenzial für die Natursteinbranche aus, was im letzten Heft zu lesen war hinsichtlich des Kundenwunsches nach dreidimensionalen Körperdarstellungen auf dem Friedhof. Auf den zweiten Blick zeigen sich jedoch die neuralgischen Punkte, an denen man so wunderbar scheitern kann bei dem ambitionierten Ansatz, einen Menschen in Form einer Statue unsterblich zu machen.
Genauer betrachtet ist dieser Wunsch der Gesellschaft an die Metzen beileibe nicht neu. Personengetreue Darstellungen finden sich seit der Antike in nahezu allen Stilepochen. Was Kollegen in Jahrhunderten gestaltet und erschaffen haben, lässt uns heute immer wieder aufs Neue vor Ehrfurcht erstarren. Was uns vielleicht auch hinsichtlich des Umstands leichter fällt, dass wir den lebenden Menschen, das Original nicht gekannt oder gesehen haben. Doch auch wenn man diesen Aspekt außen vor lässt, handelt es sich in der Regel um brillante Arbeiten.
Und genau hier schlägt unsere Zeit wieder mit aller Härte zu. Denn wer es ernst meint mit dem Bildhauern, dem helfen auch die aktuell elektrisierenden Technologien wie 3-D-Scan oder Punktierroboter nur bedingt weiter. Beispiel? Eine nicht wirklich unbekannte Natursteinfirma wirbt auf einer ihrer Netzseiten mit der Kopie einer Person, bei der technisch alles richtig gemacht wurde und das kopierte Ergebnis auch passabel aussieht.
Nur leider sieht die Büste dem Original nicht ähnlich. Auch in besagtem Artikel sind beispielsweise Hände zu sehen, die für unseren Geschmack akzentuierter hätten sein müssen, auch wenn das Original unter Umständen nicht unbedingt akzentuierte Hände hatte. Statuen als bloße Kopie des Menschen, den Herstellungsprozess als eine von Robotern zu bewerkstelligende, stumpfe Arbeit zu betrachten, ist zu kurz gedacht, die menschliche Sichtweise fehlt.
Bildhauerei lebt von Interpretation. Um gute Werke zu schaffen, braucht man wie eh und je anspruchsvolle Kunden und Bildhauer, die dem Anspruch gewachsen sind.
Seitenblicke aus STEIN im Dezember 2013.
Autoren: Florian Peteranderl und Michael Senn