15.09.2020

Chancen Gestalten

Gemeinsam Neue Ideen entwickeln

gemeinsam Lösungen zu finden
gemeinsam Lösungen zu finden

In unserer neuen Stein-Serie „Chancen nutzen“ teilen wir unser Wissen über Vorgehensweisen, die Unternehmen nutzen können, um langfristig erfolgreich zu sein. Was steckt hinter dem Begriff Design Thinking? STEIN hat mit einem Design-Thinking-Experten gesprochen und sich von Steinmetzen erklären lassen, inwiefern die Methode für den Arbeitsalltag in ihrem Handwerk sinnvoll sein kann.

David Kelley, Terry Winograd und Larry Leifer entwickelten Design Thinking an der kalifornischen Stanford University als ein Konzept zur kreativen Problemlösung. „Der Grundgedanke des Design Thinking ist, das insbesondere interdisziplinäre Teams echte, herausragende Innovationen erschaffen können. Der Design Thinking Process zielt darauf ab, möglichst unterschiedliche Erfahrungen, Meinungen und Perspektiven hinsichtlich einer Problemstellung zusammenzubringen. Design Thinking entwickelte sich aus dem Industrie-Design. Daher zielt es in erster Linie auf die Entwicklung von innovativen Produkten und Dienstleistungen ab, die auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet sind“, ist auf kreativitätstechniken.info einleitend zu lesen. Doch was bedeutet Design Thinking nun genau, wie löst man ein Problem damit und was gehört dazu?

Es gibt beim Design Thinking verschiedene Phasen plus einer Vorbereitung. Insbesondere die Vorbereitung ist laut Design Thinker und Diplom Designer Tobias Greissing aus dem baden-württembergischen Wittighausen besonders wichtig. „In dieser Phase wird das Problem ergebnisoffen definiert. Bedeutend ist es hierbei, dass alle Teilnehmer das gleiche Problem sehen. Gleichzeitig muss ein geeignetes Umfeld in einer inspirierenden Location geschaffen werden. Dazu gehören im Idealfall mehrere, bis zu zwölf Personen aus verschiedenen Bereichen des Betriebs, zum Beispiel aus dem Vertrieb und der Buchhaltung, auch Azubis und der Geschäftsführer sowie externe Fachteilnehmer können den Kreis erweitern“, erklärt Greissing, der das Thema Design Thinking regelmäßig auch im Handwerk in Form von Seminaren vermittelt. Voraussetzung für einen Design-Thinking-Prozess sei, dass man sich dem Thema öffnen könne und bereit für Veränderungen sei, so Greissing. „Denn viele Menschen haben komplett verlernt, kreativ zu sein – sie streben nur danach, effektiv zu arbeiten.“ Nach dieser Vorbereitung folgen sechs Phasen des Design-Thinking-Prozesses, die alle Teilnehmer gemeinsam durchlaufen.

In der ersten Phase geht es um das Verstehen des Problems. Die Teilnehmer bekommen ein gemeinsames Verständnis für das Thema und erfassen den Kontext. In der zweiten Phase begeben sie sich in die Welt der Nutzer, hinaus zum Kunden, um sich deren Bedürfnisse zu erschließen, zu beobachten und sie zu befragen. Empathie statt eigener Interpretationen und Annahmen sind hier gefordert. In der dritten Phase gilt es, zunächst die Frage „Ist es noch unser Problem?“ zu beantworten und Schlüsse aus den ersten beiden Phasen „Verstehen“ und „Beobachten“ zu ziehen und gemeinsam die zentrale Herausforderung zu definieren. Die vierte Phase ist davon geprägt, viele Ideen für die Lösung dieses Problems zu finden. Es werden hier in einem bestimmten, vorgegebenen Zeitrahmen viele, auch verrückte Ideen mit gezielten Kreativitätstechniken erarbeitet, gesammelt, ständig präsentiert und abgefragt. Dann wird eine Idee ausgesucht und dem Endverbraucher vorgestellt. Kann dieser damit nichts anfangen, geht es wieder zurück in die Ideations- oder sogar in die Verstehensphase. „Der Hintergrund ist, dass die Teilnehmer bei einem frühen Scheitern, schnell wieder zu neuen Ideen kommen können“, erklärt Greissing das Vorgehen. Die Vielfältigkeit des Teams hilft dabei, hochwertige Lösungsansätze zu schaffen. In der fünften Phase werden dann die Prototypen entwickelt und im Modell  gezeigt. Damit besteht die Möglichkeit, mit dem Nutzer wieder ins Gespräch zu kommen. In der sechsten Phase wird getestet. Bevor es in die endgültige Produktion geht, werden hier nochmals die Ergebnisse den Nutzern präsentiert und dann in die Herstellung gegeben oder auch nicht. Diese sechs Schritte können mehrfach durchlaufen werden. Auch korrigierende Rücksprünge von einem Schritt zum vorherigen sind denkbar. „Das Konzept kann so lange verfeinert werden, bis die bestmögliche Lösung gefunden ist oder der Ansatz verworfen werden muss“, erklärt Greissing. Auf der Webseite des Zentralverbands des Deutschen Handwerk (ZDH) heißt es dazu: „Der Innovationsansatz Design Thinking hilft dabei, Probleme kreativ und schnell zu lösen – in multidisziplinären Teams und dem Nutzer im Fokus. Diese Nutzerorientierung spielt auch im Handwerk eine zentrale Rolle.“

Diesen Ansatz hat auch der Bundesverband Deutscher Steinmetze (BIV) erkannt und für 35 Meisterfrauen zu Beginn des Jahres ein Halbtagsseminar zum Thema Design Thinking mit Tobias Greissing als Dozent organisiert. Masood Bashary von der Geschäftsstelle des Verbands zur Auswahl dieses Seminarthemas: „Wir wollten den Teilnehmerinnen deutlich machen, dass jedes Problem auch eine Chance darstellen kann. Zunächst geht es nur darum, ein Problem zu verstehen, um sich dann in den Kunden hineinzusetzen und um daraus bedürfnisgerechte oder zeitgemäße Produkte zu entwickeln. Steinmetze sind an sich sehr kreative Menschen. Wir wollten ihnen noch weitere Kreativitätstechniken, wie man sich einem neuen Produkt nähern kann, mit auf den Weg geben und ihnen damit den ersten Schritt im Produktfindungsprozess erleichtern, bei dem die Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt stehen. Dabei geht es darum, einmal etwas anderes ausprobieren – mit der Methodik von Design Thinking können sich die Steinmetze aktionär Problemen nähern und nicht immer nur reaktionär.“ Nachdem der Bundesverband Vorreiter war, schlug auch der Bezirksobermeister des Landesinnungsverband des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks Hessen in Frankfurt vor, ein Seminar über Design Thinking zu veranstalten, fügt Sonja Mücke vom LIV Hessen hinzu.

Lesen Sie mehr in der STEIN 10/2019.

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