07.05.2014

Gestalten

Häuser sollten länger stehen, als man lebt

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Der Architekt Paul Kahlfeldt mag Naturstein. In erster Linie deswegen, weil er ihm die Möglichkeit gibt, Häuser so zu bauen, wie Häuser für ihn sein sollten: langlebig, hochwertig und schön. So, wie schon die Griechen bauten. In der antiken Bauweise und deren Materialeinsatz sieht er eine zentrale Errungenschaft der Menschheit.

Die gestalterischen Ansätze sind für ihn materialbedingt und logisch: »Die Griechen haben den berühmten Begriff der Tektonik geprägt, der aus der Zimmermannskunst kommt und besagt, dass man Dinge, die bisher aus Holz gemacht wurden, aus Stein fertigt.« Denn das Holz verrottet, der Stein nicht. Die Gestaltung von Säulen, Kapitellen und Architraven entwickelte sich weiter, da in Stein nur bedingt realisierbar war, was seinen Ursprung im Holzbau hatte. Diese Wandlung führte zu einer Formensprache, die für Kahlfeldt nicht nur eine Frage des Geschmacks ist: »Ich finde den Einsatz von Stein deshalb so interessant, weil es dafür nicht nur einen dekorativen, sondern einen logischen Grund gibt.« Wie bei der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig, die er gern als Beispiel nennt. Das Bauwerk ist mit großformatigen Marmorplatten verkleidet, um die tragende Konstruktion zu schützen. Der Stein ist langlebig und sieht darüber hinaus gut aus.

Dieses konstruktive Prinzip hält Kahlfeldt auch heute für sinnvoll. Ein weiterer Aspekt, der für ihn den Reiz natürlicher Baustoffe wie Holz oder Stein ausmacht, ist deren Einzigartigkeit: »Je nachdem, wie man ein Material aufschneidet, bekommt man ein wunderbares Bild der Natur.« Eine Schönheit, die Grenzen hat, wie er meint: »Es gibt vieles, was ich aus Stein machen kann und aus Holz nicht und andersherum. Es ist Unsinn, alles aus einem Material machen zu wollen.« Ihn interessiert vor allem der richtige Materialeinsatz: Was verwendet man wofür und wie. Adäquater Materialeinsatz ist nur dann möglich, wenn man einen Werkstoff gut kennt, weiß Kahlfeldt. Der gelernte Tischler präzisiert: »Wenn Herz, Hirn und Hand nicht zusammenarbeiten, sprich wenn man nicht selbst die Machbarkeit in einem Material erfahren hat, kommt man nicht über die Abstraktion hinaus. Weil man nicht weiß, wie etwas gemacht wird.« Doch nur mit Kenntnis lassen sich individuelle Lösungen finden, entsteht gute Architektur.

Kahlfeldt weiter: »Jeder von uns findet eine andere Lösung für klassische Fragen: Wie gehe ich um die Ecke, wie profiliere ich etwas, wie gebe ich dem Material eine individuelle Ausdrucksform. Das geht nur übers Detail. Und den Handwerker, der es ausführt. Handwerker und Architekt müssen zusammenarbeiten und nicht gegeneinander.« Das bedeutet für ihn immer Respekt und Anerkennung dessen, was der andere will und weiß: Die Bereitschaft des Architekten anzuerkennen, dass der Handwerker aus seiner Tradition und seiner Kenntnis heraus mehr weiß als der Architekt. Im Gegenzug sei es Aufgabe des Architekten, den Handwerker herauszufordern, seine Leis­tung zu steigern, um eine für den Bauherrn indivi­duelle Lösung zu liefern.

Paul Kahlfeldt (l.) kam 1956 in Berlin zu Welt. Er lernte von 1976 bis 1978 Bau- und Möbeltischler und studierte bis 1984 Architektur an der TU Berlin. Kahlfeldt ist seit 1987 selbständig tätig in der mit Petra Kahlfeldt (r.) zusammen gegründeten Bürogemeinschaft Kahlfeldt Architekten (Verlinkung: http://www.kahlfeldt-architekten.de/) und war von 1988 bis 1992 Büroleiter des Berliner Büros von Professor Josef Paul Kleihues. Aktuell ist Paul Kahlfeldt neben seiner selbständigen Tätigkeit seit 2005 Professor für Grundlagen und Theorie der Baukonstruktion an der Technische Universität Dortmund, Vorstand des Deutschen Werkbund Berlin und Vorstand der Internationalen Bauakademie Berlin.

Lesen Sie mehr zur zeitlosen Natursteinarchitektur Paul Kahlfeldts in STEIN im Februar 2014.

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