STEIN: Herr Ritter, wie gehen Sie bei einer Bestandsaufnahme vor?
Die über 100 Jahre alte neobarocke Fassade aus Sandstein und Basaltlava des Helmholtz-Gymnasiums im Dortmunder Norden hat man aufwendig saniert (STEIN 03/2018). Der Bochumer Architekt Thomas Ritter spricht im Interview über die detaillierte Bestandsaufnahme, das umfangreiche Schadensbild und über die Auswirkungen der ehemals durchgeführten Hydrophobierung.
Thomas Ritter: Wir erfassen als erstes den geometrischen Bestand. Das heißt, wir erstellen Pläne, die als Grundlage dienen, um die Kartierungen eintragen und die Massen ermitteln zu können. Dafür bedienen wir uns der Tachymeter Vermessung und dem Entzerren von Fotos. Wir setzen Passpunkte auf der Fassade, erstellen fassadenparallele Fotos und können mittels Software diese maßstabsgerecht entzerren. Zusätzlich fertigen wir CAD-Zeichnungen an.
Wie sieht der zweite Schritt aus?
Das Zweite ist die technische Bestandserfassung und die beginnt mit der Grundlagenermittlung im Archiv: Was ist passiert? Wie verlief die Chronologie der Schäden? Anschließend folgt der nächste wichtige Schritt, die Fassadenbefahrung mittels Hubsteiger. Man klopft und tastet das Objekt ab, entnimmt Proben, führt Kernbohrungen durch, um den Aufbau zu ermitteln, ermittelt händisch die Geometrien profilierter Bauteile und so weiter.
In welchem Zustand befand sich die Fassade der Schule?
An der Fassade war es zum Abschalen der Steinflächen gekommen. Die Schalen rieselten langsam herunter, was nicht so gefährlich ist. Das andere, richtig gefährliche Phänomen waren die Steinabsprengungen. Hierdurch war die Verkehrssicherheit der Fassade nicht mehr gegeben. Denn zum Teil lösten sich Steinbrocken mit bis zu zehn auf zehn Zentimeter Größe oder Schalen, die drei bis fünf Zentimeter dick waren und auf den Gehweg fielen.