Was soll ich schreiben nach 30 Jahren? Die gute Form als Anstand, wie es der ehemalige Bundespräsident Theodor Heuss schon 1956 formulierte, hat noch immer nicht überzeugt; weder im Steinmetzhandwerk noch im Möbelhaus. Ganz im Gegenteil! Die Formen folgen dem, was Spaß macht, die Platten sind oberflächlich glatt poliert und viele neue Häuser tun gerade so, als seien sie alte Schlösser; in Berlin und anderswo.
Naturstein ist zu einem Trendprodukt geworden. Nische, das war einmal. Die »Alltagswelt der Steine« steckt voller Chancen. Viele wollen vom Boom der natürlichen Steine profitieren. Handwerker aufgepasst, dass nicht andere schon morgen wieder das Geschäft mit schönen Steinen machen. Es kommt eben nicht darauf an, was man daraus macht. Es kommt darauf an, wer etwas daraus macht.
Handwerk galt bis vor wenigen Jahren als verstaubt und rückwärtsgewandt. Heute hat Handwerk immer dann eine Chance, wenn es Handwerk bleibt und der Handwerker die Lebenswelt seiner Kunden widerspiegelt. Kunden suchen heute ein Anwendungskonzept für den von ihnen gewählten Werkstoff. Der Handwerker hat eine Chance, wenn er sein Handwerk beherrscht; mit der Hand, mit Verstand und mit Leidenschaft. Meister, das war einmal. Der alte Meister steht für reproduzierbares, also erlernbares Wissen. Das reicht schon lange nicht mehr! Der Meister muss zum Könner werden. Der Könner sieht den Unterschied, die möglichen Varianten. Handwerk bietet heute mehr Chancen, als manch einer vor 30 Jahren gedacht hatte. Das wirkliche Handwerk beginnt heute oft am Bildschirm und endet in der maschinellen Fertigung. Die Technik macht den Meister. Allerdings: Der Anspruch an die Produkte ist gleich geblieben. Diese müssen Ihre Kunden überzeugen; in ihrer Form, in ihrer Funktion und in ihrem Preis. Ganz so, wie es der Schwabe Heuss einst gesagt hat. Kommunikation und Marketing sind das eine, Können und ihre Meisterschaft ist das andere.
Übrigens: Dies war ein letzter Versuch. Machen Sie’s einfach besser!
Willy Hafner über das Handwerk und sein Potential in STEIN im Januar 2014.
Bild: Richard Watzke