Steinkonservierung mit Latexfarbe galt in den 1960er-Jahren als zeitgemäße Sanierungsmethode. Die flexible Farbe legt sich wie eine zweite Haut auf den Stein und schützt ihn vor äußeren Einflüssen. Doch leider verhindert diese Schicht auch die unbedingt notwendige Dampfdiffusion, sodass der derart “konservierte” Stein unter der wasser- und luftdichten Sperrschicht langsam verrottet.
In prominenter Lage Mannheims, direkt gegenüber dem Nationaltheater, befindet sich der Friedrichsring Nr. 18 und 20. Das Mehrfamilienhaus wurde um 1890 im späten Historismus als Viererblock mit weiteren Gebäuden errichtet und steht unter Denkmalschutz. Das Haus Nr. 18 hat den Zweiten Weltkrieg relativ unbeschadet überstanden, nicht aber die Sanierungsmaßnahme aus den 1960er-Jahren. Seinerzeit wurde das Erdgeschoss aus rotem Sandstein mit Travertinplatten verkleidet und die zweischalige Fassade aus 15 bis 25 Zentimeter starkem, gelb-bräunlichen Sandstein vollständig mit brauner Latexfarbe überstrichen. “Farbe entfernen, lose Teile sichern, hinterspritzen, Fassadenanker setzen, Fassadenplatten befestigen und komplett neu verfugen” lautete nun der Auftrag des Bauherrn an den Restaurations- und Steinmetzmeister Günther Zeußel.
Zeußel entschied sich zu guter Letzt dafür, den Naturstein abzubeizen: Eine gängige Methode der Fassadensanierung ist das Reinigen im Niederdrucksandstrahl- oder Dampfstrahlverfahren. Dieses Verfahren schied jedoch aus, da sich die Latexfarbe auf dem Sandstein ähnlich verhält wie eine Schriftstrahlfolie auf einem Grabstein: sobald an einer Stelle die Farbe abgetragen ist, wird der darunterliegende Sandstein stark geschädigt. Ein gleichmäßiges Abtragen der Farbe ist aufgrund der hohen Elastizität von Latexfarbe also nicht möglich. In diesem Fall schien “Schleifen” die Methode mit dem geringsten Substanzverlust, doch das Schleifen von Sandsteinen wird von der Denkmalschutzbehörde nur in sehr seltenen Ausnahmen zugelassen.