Die Bearbeitung von Natursteinoberflächen ist zum einen von der handwerklichen Qualität, zum anderen aber auch von eher zufälligen mechanischen Einwirkungen geprägt. Bei den Zweiteren zeigen sich Rillen und Kuhlen in meist zuvor bearbeiteten Oberflächen. Diese können weder als manuelle Bearbeitungsspuren noch als handwerklich gewollte Oberflächenqualität angesehen werden.


Sie sind nachträglich und allmählich eingegraben worden und zeigen die Frömmigkeit bzw. Abergläubigkeit der Menschen. Die Befunde reichen von der Steinzeit über die Eisenzeit, das Altertum bis ins Mittelalter und somit an die Grenze der Neuzeit und sind über weite Teile Europas und Nordafrikas verteilt, wobei sie nördlich der Alpen erst im Mittelalter auftauchen. Sie sind in Skandinavien wie in Ägypten, England sowie Tschechien zu finden.
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Ihre Bedeutung und Herkunft ist fraglich, es gibt aber eine Reihe von Anhaltspunkten. Da sich diese Bearbeitungsspuren vorwiegend an kultisch bevorzugten bzw. geheiligten Orten befinden, liegt es nahe, dass hier Steinmehl entnommen (kuhlen- oder halbkugelförmig ausgeschabt) wurde, um es zu verehren. Es sind diesen Mehlen vor allem heilende und glücksbringende Wirkungen zugeschrieben worden. In prähistorischer Zeit sind auch Himmelsbeobachtungen und Berechnungen von Mondphasen möglich. Später sind die entstandenen Vertiefungen aber auch als sogenannte Teufelsrillen bezeichnet worden. Weiterhin ist das Wetzen und Schärfen von Waffen für religiös motivierte Handlungen, z. B. Kreuzzüge oder nach dem Gottesdienst zur Waffenweihe, aber auch das symbolische Entschärfen von Waffen vor dem Kirchgang denkbar, wodurch diese sogenannten Schürfrillen entstanden. Durchschnittlich sind diese 50 – 120 cm lang, 3 – 9 cm breit und 2 – 8 cm tief.


Darüber hinaus sind Wetzrillen an Profanbauten der Wehr- und Gerichtsbarkeit, z. B. Stadttoren, Rathäusern, Grenzsteinen, Gerichtssäulen und Prangern, bekannt. Dies kann aus dem Aberglauben rühren, ob glücksbringend gemeint bei Eheschließungen und in Form von Wunsch-, Fruchtbarkeits-, Segens- und Zauberwetzen – oder auch mit entgegengesetzter Intention beim Fluchwetzen. Es ist denkbar, dass dieses Brauchtum aus vorchristlicher und heidnischer Zeit überliefert und bis in das Spätmittelalter nicht christianisiert wurde. Ob die Einkerbungen von der Amtskirche versteckt, überarbeitet und verkittet oder als Beispiel überkommener Riten und Werte einbezogen wurden, sowie warum die Menschen zu Beginn der Neuzeit aufhörten, solche Rillen und Kuhlen zu erzeugen, ist nach bisherigem Forschungsstand ungeklärt.
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