Zurück zum Thema. Wir waren bei der Kreativität. Und bei den Bestattern. Auch das ist eine Berufsgruppe, der kreatives Verhalten nicht unbedingt nachgesagt wird. Ungerechtfertigterweise, wie wir finden. Für die Erdbewegungstechniker mag der Eindruck unter Umständen durchaus stimmen, bei den sogenannten Trauerbegleitern sieht die Sache schon anders aus.
Denn wenn man sich unverhofft in der Situation wiederfindet, dass so jemand bei einem zu Hause hockt und man die Konzentration aufbringt, ihm aufmerksam zuzuhören, was er denn so alles für das verstorbene Familienmitglied tun kann, kann man schon den Eindruck gewinnen, dass da viel kreatives Potenzial dahintersteckt. Der Erfindungsreichtum eines guten Geschäftsmannes wird offenbar. Ein Verkäufer, dem immer noch etwas einfällt, was dem lieben Verstorbenen Gutes getan werden kann.
Wir sprechen hier nicht von Notwendigkeiten – neudeutsch auch »must haves« genannt – wie zum Beispiel dem Sarg, sondern von so richtig interessanten Schmankerln wie Namensschildern, Hemdchen und dergleichen. Oder Kopfkissen und Decken – den Armen soll es ja nicht frieren! Das wird so natürlich nicht ausgesprochen, dafür ist der Werkzeugkasten der Psychologie viel zu reichhaltig gefüllt, als das man sich auf das Niveau der Nachbarschaftsnachrede begeben müsste. Und so werden einem mit warmen Worten Möglichkeiten geboten, deren Preise man für sich selbst oder einen anderen Lebendigen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zahlen würde.
Wenn einem solch geballter Einfallsreichtum entgegenschlägt in einer Situation gewisser mentaler Labilität, ist es durchaus schwierig, rational denkend im Hinterkopf zu behalten, dass man »König Kunde« ist und wissen sollte, was man braucht und was nicht. Wenn das mal kein Beispiel ist für Kreativität im Sinne eines maximalen Vorteils für den Verkäufer. Für uns als Gewerk können wir daraus nur lernen, dass man sein Geld verlangen muss. Mehr aber auch nicht.
Seitenblicke aus STEIN im April 2013.