26.11.2015

Chancen

Zeitgemäße Grabmale

Die Gesellschaft verändert sich und mit ihr der Umgang der Menschen mit dem Tod. Das ist zwar eine Platitude – Gesellschaften verändern sich nun mal und damit auch die Einstellungen zu den Belangen des Lebens. Doch in der Wahl der Bestattungsart ist diese Veränderung für Steinmetze seit Jahren unmittelbar spürbar. Anders als noch vor wenigen Jahren, ist heute die Feuerbestattung die Regel und hat die Erdbestattung als vorherrschende Bestattungsart abgelöst. Dazu eine Zahl: 1990 betrug der Kremationsanteil in Frankfurt am Main rund 30 Prozent, 2014 waren es 70 Prozent, zitiert das Magazin Bestattungskultur im Sommer den Leiter des Frankfurter Grünflächenamtes, Stephan Heldmann.

Mit dieser Entwicklung einhergehend verändern sich die Friedhöfe. Und das nicht unbedingt überall zum Vorteil. Unschöne Leere, wo einst Erdgräber gedacht, bedrückende Enge bei den Urnenwahlgräbern, nicht immer schöne Kolumbarien und irgendwo dazwischen die Fläche für die anonyme Beisetzung. Angesichts des Bildes, das viele Friedhöfe heute abgeben, wundert es nicht, dass mancher Zeitgenosse sich eher unter einen Baum oder ins All wünscht. Dass Monopol und Bedeutung des Friedhofs schwinden. Obwohl er die Sehnsüchte und die Trauer der Menschen nach wie vor auffangen könnte.

Traditionelle Grabmale bleiben

Nach neuesten Erkenntnissen scheint aber dieser Trend zur anonymen Bestattung abzuflauen: Das Kuratorium Deutsche Bestattungskultur gab an der Ruhr Universität Bochum eine bundesweite Studie in Auftrag, deren Ergebnisse Anfang 2016 in Buchform veröffentlicht werden. Oliver Wirthmann erklärt die Beweggründe: „Verlässliche Zahlen über die tatsächlichen Bestattungspräferenzen in den unterschiedlichen sozialen Milieus gab es bislang nicht.“ Studienleiter und Soziologe Dr. Frank Thieme befragte 3000 Bestattungsunternehmen und wertete 1376 Fragebögen aus. Erhoben wurden in der umfassenden, allerdings nicht repräsentativen Studie unter anderem die gewählte Grabesart für die Verstorbenen und die Kosten der Bestattung. Abgeglichen wurden die Anschriften der Bestatteten mit den Daten des Heidelberger Sinus-Instituts, das schon in den 1980er Jahren ermittelte, dass jeder Mensch einem bestimmten Lebensstil (sozialen Milieu) zuzuordnen ist. Die Zuordnung der Verstorbenen zu den Milieus erfolgte über ihre Adresse, da gleiche Milieus meist in gleichen Vierteln, Straßen und Häusern leben.

Heraus kam ein Befund, der jeden Steinmetz, der im Grabmalsektor tätig ist, freuen dürfte: „Der Trend zu einer aufwandsreduzierten Bestattungskultur scheint gestoppt“, zieht Studienleiter Dr. Frank Thieme sein Fazit. Und er ergänzt: „Bemerkenswert ist die Persistenz tradierter Grabarten.“ Demnach wurden 35 Prozent der Verstorbenen in Erdwahlgräbern und 18,5 Prozent in Urnenwahlgräbern beigesetzt. Alternative Grabarten (anonyme Grabfelder, See-, Baumbestattung, Urnennische im Kolumbarium, Urnengemeinschaftsanlagen, anonymes Aschestreufeld, Weltraumbestattungen, Aschediamant) machten bei den erfassten Verstorbenen nur 13,1 Prozent aus.

Lesen Sie in STEIN im Dezember 2015 mehr zu den neuesten Friedhoftrends.

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